In Familien gibt es viele Themen, über die man nicht spricht oder die man den Kindern vorenthalten möchte. Dieses Thema ist so umstritten, dass viele nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen. Ist Körperliebe, Zärtlichkeit und Sexualität dasselbe? Wie leben Eltern, Freunde und Kollegen damit? Ist es überhaupt erlaubt? Wer kann und darf Körperliebe und Zärtlichkeit zeigen? Gibt es nicht immer mehr Übergriffe von Menschen, die pädophil sind (Kinder für Zärtlichkeiten ausnutzen) und sich strafbar machen? Ich wünsche mir einen Partner, weiss aber nicht, wie ich Zärtlichkeit geben und empfangen kann und darf.
Es ist unmöglich, Gott zu verstehen. Aber wir können versuchen zu verstehen, warum Gott uns so wunderbar und vielfältig geschaffen hat. Ich glaube, wir können uns das besser vorstellen, wenn wir mit abstrakten Gegensätzen arbeiten. Nehmen wir einen Roboter, der sich wiederholende Aufgaben ohne Ermüdung ausführen kann, aber keine Gefühle, keine Empathie, keine Seele hat. Dann gehen wir zum Menschen über. Wir sind so komplex geschaffen, dass viele Dinge zusammenpassen müssen, damit wir leistungsfähig sind und bleiben. Wenn auch nur eine Kleinigkeit aus dem Gleichgewicht gerät, leidet meist der ganze Körper, die Seele und der Geist. Ein wichtiger Teil der menschlichen Gesundheit ist die körperliche Liebe und Zärtlichkeit. Für Kinder ist sie besonders wichtig für eine gesunde Entwicklung. Bleibt die Frage, warum Zärtlichkeit geschaffen wurde, was sie in uns bewirken soll. Gott hat uns als beziehungsfähige Wesen erschaffen. Wie aber leben wir Beziehung? Es gibt verschiedene Ebenen der Beziehung:
Zärtlichkeit ist der körperliche Ausdruck meiner Gefühle der Verbundenheit mit einem Menschen, den ich liebe. Es gibt viele Arten von Zärtlichkeit, je nachdem, wie man jemanden berührt. Je nachdem, wo diese Nervenzellen in unserem Körper erregt werden, löst sie ganz unterschiedliche Gefühle aus. Um Zärtlichkeit weitergeben zu können, muss man sie erst einmal erfahren haben. So gibt es Menschen, die gar nicht so genau wissen, wie sie ihre Gefühle so ausdrücken können, dass die zu liebende Person sie richtig wahrnimmt.
Die Frage, wie man zu Zärtlichkeit und körperlicher Liebe steht, ist sehr wichtig zu beantworten, bevor man eine Beziehung mit der Absicht der Heirat eingeht. Alle gesunden Menschen haben einen Sexualtrieb, es sei denn, dieser ist durch Krankheit oder Operation beeinträchtigt. Aber wenn wir von Zärtlichkeit und Körperliebe sprechen, sprechen wir nicht von Sexualität. Die grosse Herausforderung ist aber, dass Zärtlichkeit oft zu einer Steigerung des sexuellen Verlangens führen kann. Deshalb ist es so schwierig, Zärtlichkeit zu zeigen oder zu vermitteln, die nicht immer sexuell akzentuiert ist.
So hört man nicht: «Du bist so verklemmt», d.h. die Person ist so zurückhaltend, jemanden zu berühren, weil das falsch verstanden werden könnte. Wie habe ich in meiner Familie Zärtlichkeit erfahren? Habe ich genug davon bekommen? Ein wichtiger Teil, wie wir Liebe in einer Paarbeziehung vermitteln, ist durch körperliche Liebe und Zärtlichkeit. Deshalb ist es so wichtig, sie zu verstehen und zu praktizieren.
Es gibt verschiedene Kontexte, in denen wir sie praktizieren können.
Wie kann man damit am besten umgehen? Christen sollten die tiefste Beziehung der Sexualität erst nach der Eheschliessung leben. Wenn wir aber schon in der Phase des Kennenlernens intensive Zärtlichkeiten erleben, dann wird die Sexualität nur noch mehr geweckt und es wird immer schwieriger, sich zu beherrschen. Jeder muss für sich selbst wissen, was er ausleben kann und darf und was zu verführerisch sein könnte. Es kommt auch darauf an, in welcher Phase des Kennenlernens man sich befindet. Ist erst ein Monat vergangen, kennt man sich schon ein halbes Jahr, ist man schon verlobt?
Partnersuchende haben nur ein Ziel: so schnell wie möglich jemanden kennenlernen und so schnell wie möglich heiraten. Dabei vergessen sie oft, dass die Ehe zwar etwas Wunderbares ist, aber nur der Anfang eines grossen Abenteuers. Nach der Hochzeit stellt sich die Frage: Wie zeige ich meinem Partner meine Liebe? Wenn man zusammenlebt und sich jeden Tag sieht, ist das anders, als wenn man verliebt ist und sich schreibt oder telefoniert. Wie zeige ich meinem Partner, dass ich ihn liebe? Es ist möglich, in einer Ehe zu leben, in der man zwar Sex hat, aber sich nicht geliebt und verstanden fühlt. Deshalb ist es wichtig zu verstehen, dass die sexuelle Beziehung nicht das A und O einer Liebesbeziehung ist.
Zärtlichkeit und körperliche Liebe sind sehr wichtig in einer ehelichen Beziehung, und deshalb sollte man schon früh darüber nachdenken, wie man sie leben kann.
«Entzieht euch einander nicht, es sei denn in gegenseitigem Einverständnis für eine bestimmte Zeit, um euch dem Gebet zu widmen; dann sollt ihr wieder zusammenkommen, damit der Satan euch nicht versuche, weil ihr dem Begehren nicht widerstehen könnt» (1. Korinther 7,5). 1. Korinther 7,5
Es ist wichtig, dieses Thema frühzeitig mit dem Partner zu besprechen. Zum Beispiel können meine Bedürfnisse nach körperlicher Liebe und Zärtlichkeit ganz anders sein als die Erwartungen meines Partners. In der Ehe geht es darum, dem Partner einen Gefallen zu tun und das zu praktizieren, was das Bedürfnis des Partners nach Zärtlichkeit am besten befriedigt.
«Doch das gilt auch für jeden Einzelnen von euch: Er liebe seine Frau so wie sich selbst, die Frau aber respektiere den Mann.» Epheser 5,33
Nun könnte es sein, dass Zärtlichkeit für meinen Partner keine Sprache der Liebe ist. Wenn das so wäre, dann müsste ein frühes Umdenken und Umprogrammieren stattfinden, damit der Partner nicht missverstanden wird. Wer sich in seiner Partnerschaft nicht geliebt fühlt, wird sich nach Alternativen umsehen. Deshalb ist es so wichtig, sich in der Ehe darüber Gedanken zu machen, wie der Partner körperliche Liebe und Zärtlichkeit erlebt oder erleben möchte. Es ist Aufgabe und Auftrag des Partners, diese Sehnsucht im anderen Partner zu stillen.
«Wegen der Versuchungen zur Unzucht soll jeder Mann seine Frau und jede Frau ihren Mann haben. Der Frau gegenüber erfülle der Mann seine Pflicht, ebenso die Frau dem Mann gegenüber.» 1. Korinther 7,2-3
Die Bibel lehrt uns also, dass es eine Pflicht ist, körperliche Liebe zu zeigen und zu leben, um die Ehe gesund zu erhalten. Wenn ein Partner nicht weiss, wie er seine körperliche Liebe ausdrücken kann, oder wenn der Partner durch Perversionen (durch Pornographie) unfähig geworden ist, die einfachste Form der Zärtlichkeit zu leben und zu geben, dann ist Seelsorge ein wichtiger Teil des Heilungsprozesses. Gott gebe, dass du körperliche Liebe und Zärtlichkeit so erleben kannst, dass sie dich stärken und mit Dankbarkeit und Liebe erfüllen.
Daniel Wagner, 1969, verheiratet und wohnhaft im Zürcher Oberland. Nach einem Theologie-Studium in Frankreich absolvierte er eine Weiterbildung als Lehrer und Pädagoge und doktorierte in den USA (Ed.D).
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