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Menschenfurcht überwinden – aus der Harmoniesucht aussteigen
Menschenfurcht überwinden – aus der Harmoniesucht aussteigen

Menschenfurcht überwinden – aus der Harmoniesucht aussteigen

Warum ist es uns so wichtig, was andere von uns denken? Natürlich möchte jeder Mensch anerkannt und geliebt werden. Das gibt uns Selbstwert und ein Gefühl der Zugehörigkeit, beides wichtige Grundbedürfnisse. Aber wenn wir nur darauf achten, was andere über uns denken, machen wir uns abhängig und straucheln.


Immer lieb, nett, freundlich

Vor einigen Jahren habe ich gemerkt, dass ich sehr frustriert war, wenn all meine Bemühungen, andere mit meiner freundlichen Art für mich zu gewinnen, keine «Ergebnisse» brachten. Die anderen waren zwar meistens nett zu mir, aber sie reagierten nicht immer so offen auf meine zugewandte Art und mein interessiertes Nachfragen. Ich war dann enttäuscht, dass sie eher «distanziert» und «unnahbar» blieben. (Objektiv gesehen waren sie nichts von alledem. Sie waren nur zurückhaltend und wollten nicht sofort «beste Freunde» werden).

Im Laufe meines eigenen Veränderungsprozesses wurde mir klar, dass ich nicht nur aus reiner Freundlichkeit und Interesse am anderen so gehandelt hatte, sondern dass ich unbewusst versucht hatte, andere so zu manipulieren, dass sie dann auch nett, freundlich, interessiert und rücksichtsvoll zu mir waren. Es war sozusagen ein unbewusster Tauschhandel, in den ich sie unwissentlich hineingezogen hatte, und wenn sie «ihren Teil der Abmachung» nicht einhielten, wurde ich ärgerlich und wütend.

Menschenfurcht überwinden

Menschen, die sich in dieser Falle befinden, überfordern sich selbst und geben anderen oft zu viel, in der Hoffnung, etwas zurückzubekommen. Sie sind öfter lieb, nett, angepasst, als ihnen lieb ist. Sie fühlen sich dafür verantwortlich, in Beziehungen Harmonie herzustellen oder Frieden zu bewahren. Sie sind immer friedfertig und höflich. Der Psychologe Schulz von Thun nennt das etwas provokativ «friedfertig». Sie glauben, andere schonen zu müssen und halten ihre wahren Gefühle (wie Ärger, Angst etc.), ihre eigenen Bedürfnisse und abweichenden Meinungen zurück. So erkaufen sie sich Gunst und vermeiden, dass ihr Gegenüber wütend wird oder sich abwendet. Insgeheim hoffen sie, dass sie eines Tages auch so behandelt werden. Geschieht dies nicht, fühlen sie sich zurückgewiesen und betrogen. Das ist der Krucks des «es allen recht machen wollen» oder des «people pleasing».

Selbstreflexion - hinschauen, was passiert

Im Beratungsprozess sagte ein Klient plötzlich: «Wenn ich ehrlich bin, möchte ich, dass mich alle mögen, jedenfalls nicht gegen mich sind.» Diese Selbsterkenntnis war für ihn überraschend. Der Wunsch, geliebt zu werden und sich zugehörig zu fühlen, ist verständlich. Es sind menschliche Grundbedürfnisse. Wenn wir aber vorwiegend aus dieser Motivation heraus leben und handeln, haben wir ein Problem. Wir werden abhängig von anderen Menschen und ihrer Meinung über uns. Kürzlich bin ich in der Bibel auf einen interessanten Vers zu diesem Thema gestossen:

«Wer das Urteil der Menschen fürchtet, wird von ihnen abhängig. Wer aber auf den Herrn vertraut, ist getrost und sicher.» Spr. 29,25

Anderen um jeden Preis gefallen zu wollen oder immer für harmonische Beziehungen sorgen zu müssen, hat Folgen. Am Ende werden wir von anderen abhängig - oder eben co-abhängig. Solche Menschen geben dem anderen das, was sie glauben, erwartet zu bekommen und erhoffen sich im Gegenzug Liebe, Anerkennung und Zugehörigkeit. Dieser «Handel» läuft in vielen Beziehungen und auch beim Dating unbewusst ab. Kurzfristig mag dieses Verhalten angenehm und stimmig erscheinen. Mittelfristig zahlen wir dafür einen hohen Preis. Wir müssen uns selbst verleugnen, passen uns zu sehr an, halten unser wahres Selbst zurück. Dadurch verlieren wir immer mehr den Kontakt zu uns selbst und bleiben auf der Strecke mit all dem, was uns wichtig wäre, was wir brauchen und was uns gut tun würde. Das hat nichts mit Egoismus zu tun, sondern mit einer gesunden Beziehungsgestaltung auf Augenhöhe. Wer sich immer nach der Meinung anderer richtet, verpasst seine Bestimmung und sein Leben!

Alte Muster erkennen

Oft haben solche Muster eine lange Geschichte. Anpassung, Harmoniesucht oder Menschenscheu sind Abwehrstrategien, die manche schon früh in der Herkunftsfamilie gelernt haben. Damals war dieses Verhalten notwendig, um emotional über die Runden zu kommen, um einen Platz zu haben, um gesehen und wahrgenommen zu werden. Wenn zum Beispiel in einer angespannten Situation nicht klar war, wie Mama oder Papa reagieren würden, löste das beim Kind Stress aus. Oder waren die Eltern grundsätzlich unzuverlässig, wechselten ständig ihre Meinung und ihr Verhalten, waren mal liebevoll zugewandt, mal ablehnend, verletzend oder strafend, dann war es eine gute Überlebensstrategie des Kindes, die Stimmung der Eltern aufmerksam wahrzunehmen, um sich anzupassen und damit zu schützen.

Lieb sein, nett sein, brav sein sind weit verbreitete Bewältigungsstrategien von Kindern, die in unsicheren Bindungen aufgewachsen sind. So können sie verhindern, dass Papa böse wird oder Mama sie bestraft. Die eigene Persönlichkeitsentwicklung bleibt dabei aber weitgehend auf der Strecke. Wer sich immer nur um andere kümmert, verliert den Kontakt zu sich selbst: Wer bin ich eigentlich, was will und was brauche ich wirklich? Später als Erwachsene orientieren sie sich in Beziehungen mehr an anderen als an sich selbst. Sie haben oft Entscheidungsschwierigkeiten und wissen nicht, was sie wirklich wollen. Sie haben gelernt, ihre Antennen vor allem nach aussen auszurichten. Wie es geht, sie nach innen zu richten, haben sie kaum gelernt.

Bewusst aussteigen

Sich von der Meinung anderer unabhängig zu machen, sich aus der Menschenfurcht zu befreien und Verantwortung für die eigenen Ansichten, Bedürfnisse oder Werte zu übernehmen, erfordert Mut. Aber es führt letztlich zu einer neuen Freiheit. Dazu müssten wir allerdings bereit sein, unsere Harmoniesucht und Menschenfurcht loszulassen und Gott zu vertrauen, dass er unsere Identität stärkt, unseren Mangel stillt und unseren Liebesspeicher füllt. Das ist ein sicheres Fundament.

Auf festem Grund bauen

«Wer auf den Herrn vertraut, ist sicher und gelassen.» Gottes Liebe zu uns hängt nicht von unseren Taten ab. (Röm 5,5-8) Das ist befreiend! Auf diesem Fundament können wir ruhiger werden. Das gibt unserer Seele Halt und Sicherheit. Auf diesem Fundament des bedingungslosen «Geliebt- und Angenommenseins» können wir nun beginnen und lernen, authentischer zu leben. Paulus fordert uns in Römer 12 auf: «Eure Liebe sei wahrhaftig und ungeheuchelt». Wir lernen, zu uns und unserer Art zu stehen, authentisch zu werden, alte Muster zu verlassen, gesunde Grenzen zu setzen und unsere Meinung zu vertreten, auch wenn sie nicht für alle bequem ist. Wir üben, in Liebe und Wahrheit zu sprechen. Diese Verankerung in der Liebe Gottes hilft uns auch, zu unseren Fehlern und Schwächen zu stehen oder um Vergebung zu bitten, wenn wir etwas falsch gemacht haben. Dann fällt uns kein Stein mehr vom Herzen, weil wir uns trotz unserer Unvollkommenheit im Innersten geliebt und gehalten wissen. Das befreit und ermöglicht uns eine neue Lebensperspektive.

7 Tipps, um aus der Menschenfurcht herauszukommen:

  1. Selbstreflexion: Nimm dir Zeit, deine Ängste und Bedürfnisse gut kennen zu lernen. Frage dich, warum du Menschenfurcht empfindest oder warum du immer wieder Harmonie herstellen willst. Woher kennst du das? Nimm deine eigenen Muster immer bewusster wahr, das ist der erste Schritt zur Veränderung.

  2. Verankere dich in Gottes Liebe: Baue deine ganze Identität bewusst auf Gottes bedingungslose Liebeszusage an dich auf und nimm dir immer wieder Zeit, um bei Gott, deinem Papa, aufzutanken. Sprich dir selbst Worte aus der Bibel zu, die das untermauern. Meditiere zum Beispiel Psalm 139 dazu.

  3. Stärke dein Selbstvertrauen: Arbeite auf dieser Basis an deinem Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl. Je mehr du mit Gott und dir selbst verbunden bist und auf deinen Wert und deine Stärken vertraust, desto weniger bist du von der Meinung anderer abhängig oder hast Angst vor Konflikten.

  4. Konfrontation mit der Angst: Um Menschenfurcht zu überwinden, musst du dich deinen Ängsten stellen. Beginne mit kleinen Schritten, indem du dich bewusst in Situationen begibst, in denen du normalerweise Angst hättest. Mit der Zeit wirst du merken, dass du damit umgehen kannst.

  5. Grenzen setzen: Lerne, deine eigenen Grenzen zu erkennen und zu kommunizieren. Respektiere deine Bedürfnisse und stehe zu ihnen, auch wenn das zu Konflikten führen kann. Indem du Grenzen setzt, bleibst du bei dir selbst und musst nicht ständig versuchen, Harmonie um jeden Preis zu erhalten.

  6. Akzeptiere dich selbst: Sei gut zu dir selbst und akzeptiere deine Fehler und Unzulänglichkeiten. Perfektionismus kann zu Harmoniesucht führen, weil du Angst vor Ablehnung oder Konflikten hast. Lerne, dich so zu akzeptieren, wie du bist. 7.

  7. Suche dir Unterstützung: Sprich mit Freunden, einem Seelsorger oder Coach darüber und entwickle gemeinsam neue Bewältigungsstrategien.

Autor Christoph Hickert
Autor Christoph Hickert

Autor

Christoph Hickert ist Dipl. Coach & Supervisor BSO und psychologischer Berater in eigener Beratungs-Praxis in Männedorf am schönen Zürichsee.
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